Programm-Blatt zur Aufführung

 

Die Vergänglichkeit


Dokumentation und Erläuterungen zu den Sujets


Multimedia-Aufführung vom Mittwoch, 31.Oktober 2012 im Stadt-Casino Basel


mit basel sinfonietta

Leitung:

Valérie Seiler


Solisten:

Thomas Bloch, (Ondes Martenot, Glassharmonica)

Pauline Haas, Harfe

Patrick Husson, Sopranist


Schauspieler:

Urs Bihler

Emma Müller

Isabel Augustin


Text:

Jürg-Peter Lienhard


Fotos:

Frantisek Zvardon

Jürg-Peter Lienhard


Video-Dokumente:

Musée des Mineurs


Video-Schnitt:

Raphaël Sommer


Konzept und Regie

Valerie Seiler, Jürg-Peter Lienhard



Musik-Programm:


1. Igor Strawinsky: «Tango»


2. Darius Milhaud: aus «Création du monde», 2 Teile,


3. Gabriel Fauré: «Après un rêve»;

Solisten: P. Husson, P. Haas


4. Kurt Weill:

aus «Kleine Dreigroschenmusik»:

• «Die Ballade vom angenehmen Leben»;

• «Anstatt, dass…»;

• «Kanonen-Song»,

•«Pollys Lied»


5. Thomas Bloch: «Christ Hall, Hommage à Marc Chagall», Solisten: P. Husson, P. Haas, Th. Bloch


6. André Jolivet: aus «Suite Delphique»:

• «Repos de la Nature»

• «Orage»

• «Joie Dionysiaque

• «Les chiens de l’érébe»

• «Invocation»

• «Prélude»

• «Procession»


7. David Gillingham: «Waking Angels»


8. Zugabe: «Tango» aus «Kleine Dreigroschenmusik» von Kurt Weill…



Erläuterungen zur

Darbietung des Schauspiels und der Videos

(die gelben Hervorhebungen beziehen sich auf den Aufführungs-Text)


Mülhausen/Mulhouse: Die Stadt am Rande des Sundgauer Hügellandes, nördlich von Basel, war bis zur französischen Revolution «zugewandter Ort der Eidgenossenschaft» und stand unter dem Schutz der Alten Eidgenossen. Das Rathaus (heute historisches Museum) zeugt noch heute davon: Das Gebäude ist eine Kopie des Berner Rathauses, weil das reiche Bern lange als Vorbild galt.

Nach der Revolution wurde Mülhausen französisch, wodurch das (katholische) Hinterland der hugenottenstämmigen Bürgerschaft Mülhausens zugänglich wurde, so dass nach den Revolutionskriegen nach 1814 eine beispiellose wirtschaftliche Expansion durch lutheranisch-calvinistische Industriegründer stattfand: In nur knapp zehn Jahren entstand in Mülhausen die bedeutendste Textilindustrie auf dem Festland.

Der Aufschwung erforderte die Fabrikation von Ziegeln, Farben, Chemie, Textilmaschinen, Grafik und Eisenbahnen sowie Wohnungen und Siedlungen für Arbeiter, was gewissermassen über Nacht geschah und erstaunliche technologische Erfindungen nach sich zog. Bis zum Ersten Weltkrieg war Mulhouse als Industriestadt bedeutender als Basel, das seinen heutigen Reichtum Mulhouse verdankt, weil die damals erfundenen Anilin-Farbstoffe in Frankreich aus patentrechtlichen Gründen nicht hergestellt werden durften. Die meist französisch sprechenden, protestantischen Industriegründer Mülhausens (sie organisierten sich in der vornehmen «Société Industrielle», die auch kulturelle und soziale Werke schuf) liessen die synthetischen Farben einfach bei Ihren Seidenbändel-Cousins in Basel herstellen, weswegen die Basler Chemie entstand und die erste internationale Eisenbahnlinie auf dem Festland (Strasbourg–Mulhouse–Bâle) gebaut wurde, damit der Warenfluss zwischen den beiden Städten abgewickelt werden konnte.

Der «Nonnenbruch» ist einWaldgebiet mit zahlreichen Teichen aus der Zeit der mäandernden Zuflüsse zum Rhein (Ill, Thur und Doller) in der Tiefebene nördlich von Mulhouse. Auf dem danebenliegenden «Ochsenfeld» lagerten Basler Truppen im Dreissigjährigen Krieg, der das Elsass fast ganz verwüstete.

Das Kalisalz hat das Gutsfräulein Amélie Zürcher (mit Schweizer Wurzeln) auf ihrem Gut in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts im Ochsenfeld entdeckt, weil sie von Erdöl träumte. Die Bohrungen nahm der Ingenieur Armand Vogt auf, obwohl er nicht an Erdöl im Rheingebiet glaubte. Die Probebohrungen wurden an die Berliner Universität geschickt, wo sie aber verleugnet wurden, weil Deutschland, das damals das Elsass besetzt hielt, seine eigenen minderwertigeren Vorkommen im Osten nicht mit dem hochwertigen Kali aus dem Elsass in Konkurenz setzen wollte (Kali = K19, auf Deutsch Pottasche, wird französisch «potasse» ausgesprochen und findet in der Chemie und in der Landwirtschaft Verwendung). Die misstrauische Amélie Zürcher schmuggelte andere Proben nach Besançon, wo die dortige Universität zwar kein Erdöl, aber reinstes Kali analysierte. Darauf begann der enorme wirtschaftliche Aufschwung der Schwerindustrie im Kali-Becken (bassin potassique) in der Region nördlich von Mulhouse, wo zeitweise bis zu 35’000 Leute Arbeit fanden und enorme technische Innovationen leisteten. Die Bergleute waren allerdings nicht im agraren Elsass zu finden, sondern wurden vor allem aus Polen rekrutiert, weshalb im Kalibecken noch heute eine grosse Kolonie an polnischstämmigen Menschen heimisch sind, die ihre eigenen Gebräuche und Feste beibehalten haben, obwohl sie die polnische Sprache verloren haben und immer noch sehr geläufig Elsässisch sprechen. Das Kali brachte Reichtum, aber führte zu enormen Umweltbelastungen insbesondere des Rheins durch Versalzung von den riesigen Abraumhalden.

Der Rhein-Seitenkanal zwischen Huningue und Karlsruhe wurde bereits im 19. Jahrhundert vom badischen Ingenieur Johann Gottfried Tulla (1770-1828)  geplant und in den Jahren 1842-1876 gebaut - nicht zur Bezähmung des mäandernden Stromes, sondern um eine klare Grenze zwischen Deutschland und Frankreich zu ziehen.

Der Meteorit von Ensisheim von 1492 fiel knapp neben der damaligen vorderösterreichischen Residenz-Hauptstadt nieder. Er wog zwei Zentner, wurde aber im Laufe der Jahrhunderte zerkleinert und als Kuriosum in der Welt verschenkt. Ein originaler Brocken ist im Ortsmuseum in der Residenz (der heutigen Mairie) ausgestellt und wird von der «Confrérierie Saint Georges des Gardiens de la Météorite d’Ensisheim» bewacht, denn gemäss der Sage, werde der Verlust des Meteoriten Unglück über das pittoreske mittelalterliche Städtchen bringen. Albrecht Dürer weilte beim Meteoriten-Niedergang in Basel, von wo man das Ereignis beobachten und verspüren konnte und malte seine Beobachtung auf einem Bild, dessen Kopie im Ortsmuseum zu sehen ist. Sebastian Brant, der Dichter des «Narrenschiff», verfasste das Flugblatt vom «Dunnerstein von Ensisheim», weil auch er wie die ganze mittelalterliche Welt glaubte, dass um 1500 die Welt untergehen werde. Zumal der habsburgische König und spätere Kaiser Maximilian zum Krieg gegen Frankreich rüstete, was Ursache der Untergangsstimmung war.

Gut und Böse, Teufel und Engel, sind ebenso wie Himmel und Hölle Erfindungen der mittelalterlichen christlichen Religion. Im Alten Testament war der Mensch Abbild Gottes, hatte also gute und böse Eigenschaften in sich vereint, was auch von «heidnischen» Religionen noch heute so verstanden wird. Und beispielsweise in Basel im «Wilden Mann» oder im Elsass im «Hans Trapp» fortlebt: Diese Sagengestalten sind zwar wild und ungezähmt, aber sind zumal den Kindern «gut gesinnt».

Der Maya-Kalender endet gemäss Forschern am 21. Dezember 2012. Esoteriker glauben darin ein Zeichen für den neusten Weltuntergang zu sehen. Man mag davon halten und denken, was man will, doch eines ist ganz sicher: Jedes Menschen Sein ist ebenso vergänglich wie jeder Stern des Weltalls auch und vielleicht des Universums. Der Tod ist für jeden das unabänderliche Schicksal, auch wenn niemand das genaue Datum seines Sterbens kennt. Hingegen wird es wohl der Mensch sein, der dem Planeten früher oder später den Garaus macht, vielleicht sogar noch während die Menschheit nicht ausgestorben ist: Durch ihre mangelnde Ehrfurch vor dem Leben vor der Natur zumal, durch ihre Gier und bedenkenlose Technikgläubigkeit.  ( «Ehrfurcht vor dem Leben» ist das philosophische Credo Albert Schweitzers aus Kaysersberg, Nobelpreisträger, Philosoph, Arzt und «Urwalddoktor», Musikwissenschafter, Organist und Bach-Interpret, Verfasser eines musikalischen Standard-Werkes über Bach, Pfarrer; er hielt die Grabrede an Friedrich Nietzsches Begräbnis).          Jürg-Peter Lienhard



RegioKultur Basiliensis dankt:


• Swisslos-Fonds Baselland

• Swisslos-Fonds Basel-Stadt

• Basellandsch. Kantonalbank, Jubiläumsstiftung

• Basler Zeitung

• Andreas Koellreuter

• Niggi Ullrich

• Marc Grodwohl

• Dr. André Baltensperger

• Ruedi Linder, Mitgründer basel sinfonietta

• Harald Schneider, basel sinfonietta

• Matthias Gawriloff, basel sinfonietta

• Vorstand und Musiker/innen basel sinfonietta

• Dr. Christian Müller, Kupferstichkabinett

• La Confrérie St-Georges des Gardiens de la Météorite d'Ensisheim

  1. Maître Fromager Affineur Bernard Antony


Produktion:

• Jürg-Peter Lienhard


Konzept und Regie:

• Jürg-Peter Lienhard, Valérie Seiler


Musikalische Leitung:

• Valérie Seiler


Orchester:

• basel sinfonietta


Solisten:

• Thomas Bloch (Ondes Martenot, Glassharmonica)

• Patrick Husson (Sopranist)

• Pauline Haas (Harfe)


Darsteller:

• Urs Bihler («Grababba»)

• Emma Müller («Petit enfant»)

• Isabel Augustin (Stimme aus dem Off)


Fotos:

• Frantisek Zvardon (Flugaufnahmen im Vorspiel)

• Jürg-Peter Lienhard (Illustrationen/Filmauswahl)


Video-Schnitt:

• Raphaël Sommer


Schnitt-Assistenz:

René Schweizer


Ton-Aufnahmen:

• Radio-Studio Basel DRS

• Jack Jakob (Aufnahmetechnik)


Licht:

• Les Dominicains de Haute-Alsace, Guebwiller


Video-Regie:

• Pascal Hassenforder


Inspizienz:

• Isabell Alder


Kostüme:

• Theater Basel


Maske:

• Coiffure King, Fabienne


Blumendekor:

• Könemund Floristik


Abendkasse:

• Rémy Seiler


Saaldienst:

• Studierende der Musikakademie Basel


Ferner:

• Mariette Helwig

• Arthur, Oscar und Hector Seiler

• Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt

• Münsterpfarramt, Frau Schmid, Frau Burkholter

• Bettina Eichin

• Thomas Koeb

• Sereina Allenbach

• Jugendherberge St. Alban

• Keystone Press, Zürich

• Maison des Mineurs

• Peter und Christine Fritz

• Viktor Fritz

• Erika Möller

• Musik Akademie Basel

• Overall Cafeteria Fortissimo

in der Musik Akademie Basel

• Robert Piencikowski, Paul-Sacher-Stiftung

• Juri Weiss, Foto Petersplatz


EINE PRODUKTION VON


REGIOKULTUR BASILIENSIS

CH-4000 BASEL


JÜRG-PETER LIENHARD

VALÉRIE SEILER


© 31. Oktober 2012 Alle Rechte vorbehalten